22:04

Ein wunderbarer Roman uber die Entstehung von Kunst, Liebe und Kindern im Abenddammer eines Imperiums. Der Held von Ben Lerners Roman ist ein Brooklyner Schriftsteller namens Ben, der einen frechen, von der Kritik gefeierten Erstling ber sein junges Leben publiziert hat und nun auf grere Erfolge hoffen darf. Und in der Tat, zu Beginn sitzt er, den lukrativen Vertrag eines Groverlags unterschriftsreif vor sich, mit seiner Agentin in einem berteuerten Restaurant und verzehrt mit der gesalzenen Hand zu Tode massierte Baby-Oktopusse. So schmeckt also der Erfolg?Etwas spter, zurck in seinem weitaus nchterneren Lebensalltag zwischen Food-Coop und Ausflgen mit einem mexikanischen Nachbarskind, sehen wir ihn zur Wurzelbehandlung beim Zahnarzt - und sodann beim Neurologen, denn der Zahnarzt hat auf dem Rntgenbild Verdchtiges gefunden: einen, so bleibt zu hoffen, gutartigen Gehirntumor. Das lsst ihn viel ber die Fragilitt des menschlichen Lebens nachdenken, umso mehr, als seine alte Collegefreundin Alex ihm auf Spaziergngen durch den Prospect Park oder ber die Manhattan Bridge erzhlt, wie sehr sie sich von ihm ein Kind wnscht, aber in aller Freundschaft, also durch knstliche Befruchtung. Dabei wird das Wetter immer schlechter, New York leidet unter Superstrmen, Stromausfllen und berschwemmungen. Mit der Welt geht es bergab. Was also tun, was wird die Zukunft bringen?Ben Lerner beschreibt, gewitzt, lssig und mit einem brillanten Sinn fr Komik, was es bedeutet, unsere sattsam bekannten Erste-Welt-Problemchen in den greren sozialen Kontext des Lebens auf dem Planeten zu stellen. Dies ist ein Buch am Puls der modernen Zeit, doch wenn in einem bekannten Science-Fiction-Film um 22:04 Uhr der Blitz in die Rathausturmuhr einschlgt, geht es vielleicht doch noch befreit und mit neuer Hoffnung Zurck in die Zukunft