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Die vierzehn Studien des Bandes beschreiben typische Denk- und Darstellungsformen zwischen 1830 und 1900 und zeigen, wie sich im Bildersaal des Jahrhunderts die ästhetische und ideologische Wahrnehmung des Bildungsbürgertums verändert. Dabei wird deutlich, wie das Bildgedächtnis in der Kontinuität antimoderner Strömungen und Traditionen über die Wiederkehr alter Mythologie noch weit ins 20. Jahrhundert hineinwirkt. Das 19. Jahrhundert hat ein identitätsstiftendes Zeichensystem entwickelt, in dem sich bestimmte Epochen und Landschaftsräume, Texte und Bilder als Monumente historischer Erinnerung fixieren. In ihnen verbindet sich die fortschreitende Säkularisierung vertrauter literarischer und ikonographischer Traditionen mit einer auffälligen Sakralisierung von Kunst, Literatur und Geschichte. Im Prozess der Historisierung und Musealisierung des bildungsbürgerlichen Bewusstseins ist auch die Entfaltung der historischen und philologischen Disziplinen zu sehen, die mit dem Fortschritt der optischen Medien und Reproduktionstechniken ihre Helden und Denkmäler in Bildersälen inventarisieren, in Festzügen zur Schau stellen oder als Kultbilder (Goethe, Petrarca) in Galerien präsentieren. Eine besondere Spielart des Historismus ist die archaisierende Nachahmung und Fälschung von Texten und Bildern. Durch die Beschleunigung von Raum- und Zeiterfahrung entsteht eine Dialektik von Bewegung und Stillstand, technischer Revolution und ästhetischem Konservatismus, der die vehemente Expansion der industriellen Welt in neuen Allegorien zu bannen oder durch Gefl ügelte Worte aus dem Citatenschatz des Deutschen Volkes zu dekorieren sucht.§Die Beschreibung des panoramatischen Blicks, der romantische Stereotypen konserviert und in historischen Erinnerungsräumen trivialisiert, erschließt eine widersprüchliche Geschichte der Wahrnehmung. Sie blendet um 1850 die Gegenwart zugunsten der beschworenen Vergangenheit aus und mündet mit der Entdeckung der Röntgenstrahlen, dem obszönen Blick ins Innere des Menschen und der Entschleierung seiner imago mortis am Ende des 19. Jahrhunderts in eine schockierende Tabuverletzung. Siegfrieds Wiederkehr schließlich markiert 1923 den politischen Missbrauch eines deutschen Mythos mit dem Aufstieg des Nationalsozialismus.